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Sebastian Riemer

13.08.2023 - 01.10.2023
Eröffnung: 13.08.2023, 14 - 18 Uhr

Die Sammlung Philara freut sich, mit FRONT PAGE BACK END eine Auswahl an Fotografien von Sebastian Riemer zu präsentieren. Die Ausstellung zeigt Arbeiten aus der Serie Press Paintings, die Retuschen amerikanischer Pressefotografie der 1950er-Jahre zum Gegenstand hat und damit auf den Personenkanon populärer Printmedien verweist. Die Fotografien werfen Fragen zum Ein- und Ausschluss von Medienbildern und zur Bildbearbeitungsökonomie auf, die bis heute auf ähnlichen Kriterien beruht.

 

Die 1950er-Jahre waren eine Zeit, in der sich die Pressewelt hinsichtlich des Kontextjournalismus und der Bildbearbeitung nachhaltig veränderte. Neben Politiker*innen, Musiker*innen und Schauspieler*innen wurden damals auch Personen aus den Bereichen Sport, Mode oder Beauty aufgrund ihrer Leistungen für „abbildungswürdig“ empfunden. Für die Berichterstattung wurden Bilder dabei mehrfach wiederverwertet und durch Retuscheur*innen, die zumeist Frauen waren, stark bearbeitet. Auswahl und Ankauf der Druckvorlagen-Originale aus aufgelösten Zeitungsarchiven ist integraler Bestandteil von Riemers Arbeiten. In stark selektierten Bildern stellt er Aspekte von Sichtbarkeit und Zuschnitt, Schönheitsretuschen, strategischen Bildmanipulationen und Verfälschungen heraus. Durch die Vergrößerung der schwarz-weißen Druckvorlagen rückt Riemer die originären malerischen Eingriffe auf den Fotografien, die in den Printmedien durch die Rasterung des Zeitungsdrucks unsichtbar blieben, aber höchst strategisch eingesetzt wurden, in unser Sichtfeld.

 

Nicht zufällig werden hier auch Aussagen über den Kanon von Bildökonomien getroffen: Unter Riemers Bildauswahl finden wir beispielsweise die beschnittene physische Kraft eines Schwarzen Boxers (Boxer (Bruce), 2016) sowie eine Bogenschützin (Archer (Tenney), 2020), die eine für ihre sportliche Leistung völlig unerhebliche Schönheitsretusche erhielt. Entfernt wurde wiederum die Waffe eines Offiziers (Sergeant (Gun), 2014) als Symbol der systemischen wie konkreten Gewalt. Der einzige auf Riemers Bildern abgelichtete Prominente büßt zugunsten einer jüngeren Frau an Bildpräsenz ein und hält eine abgelaufene Sanduhr in seinen Händen (Timely Topic, 2015), die auf seine verstrichene Zeit verweisen könnte.

 

Sebastian Riemer (* 1982 in Oberhausen) hat an der Kunstakademie Düsseldorf bei Thomas Ruff und Christopher Williams studiert. 2010 machte er seinen Abschluss als Meisterschüler von Thomas Ruff. Im Jahr 2017 erhielt er die Cary & Dan Bronner Residency in Tel Aviv. Seine Arbeiten wurden unter anderem in Einzelausstellungen im Kunstverein Recklinghausen (2021), im Kunstverein Grafschaft Bentheim (2021) und im Stadtmuseum München (2019) gezeigt. Außerdem waren seine Werke international in Gruppenausstellung vertreten, unter anderem im Rahmen der Paris Photo, Frankreich (2019), in der Kunsthalle Hamburg (2022), im Israel Museum, Jerusalem, Israel (2021), im White Box Art Center, Peking, China (2017) und im Museum Folkwang, Essen (2017).

 

Die Ausstellung wird begleitet von einem Künstlerbuch, das während der Laufzeit beim Verlag Spector Books erscheint.

 

Parallel zur Ausstellung eröffnet die Sammlung Philara die Hauptausstellung SEE YOURSELF AS LOVERS SEE YOU mit Arbeiten von William N. Copley und Dorothy Iannone sowie eine neue skulpturale Installation, UTOPIAS ARE FOR BIRDS, von Álvaro Urbano auf der Dachterrasse.

 

Kuratorin der Ausstellung: Julika Bosch

Wissenschaftliche Mitarbeiterin: Hannah Niemeier