Wounds Healed, Tales Etched | দাগ

Sumi Anjuman | Einzelausstellung

17.05.2024 - 08.09.2024
Opening: 17.05.2024, 18 - 21 Uhr

Im Rahmen von düsseldorf photo+ Biennale for Visual and Sonic Media präsentiert die Sammlung Philara die erste institutionelle Einzelausstellung von Sumi Anjuman (*1989 in Bogura, Bangladesh) in Deutschland.
Sumi Anjumans Arbeiten entstehen oft in einem mehrstimmigen, dialogischen Prozess zwischen ihr und den Personen, deren Geschichten sie erzählt. Sie versteht ihre künstlerische Praxis als Teil eines gewaltlosen Protests gegen patriarchale, gender- und sexualitätsspezifische Unterdrückung, die gleichzeitig einen kollaborativen Heilungsprozess – „healing through creation“ – darstellt. Die Künstlerin arbeitet mit dem Medium der Fotografie, welches sie mit Übermalungen, Stickereien und archivarischen Materialien ergänzt, die teilweise in installative Konfigurationen überführt werden.

Die Ausstellung verbindet zwei fotografische Serien, die in der mehrjährigen Auseinandersetzung mit Individuen entstanden sind. Die Serie Somewhere Else Than Here zeigt Porträtfotografien von Personen der LGBTQ+ Community in Bangladesch. Ihre Sichtbarkeit ist sowohl innerhalb der muslimisch-konservativen Gesellschaft als auch außerhalb dieser, stark eingeschränkt. Die queere Community dort leidet unter ihrer starken Unterdrückung sowohl in sozialen als auch legalen Kontexten, die insbesondere durch Gesetze aus der britischen Kolonialherrschaft ausgerufen wurden. Aus diesem Grund ist es ihren Mitgliedern kaum möglich, ihre Identität öffentlich preiszugeben oder ohne Angst vor Repressionen und Gewalt zu leben.  Anjumans Serie visualisiert, ausgehend von Gesprächen, imaginative Formulierungen von Hoffnung, Liebe, Freiheit und Sicherheit und stellt sich Furcht, Isolation und Entmenschlichung. Ergänzt werden die Fotografien mit einem materiellen Archiv bestehend aus Objekten, die Anjuman von den Porträtierten erhalten hat und Teile ihrer Erfahrungen verkörpern.

Die zweite Serie, River Runs Violet, thematisiert sexualisierte Gewalt und Vergewaltigungskultur in patriarchalen Strukturen. Trotz der vorangeschrittenen Gleichstellung sind Frauen in Bangladesch mit besonders hoher geschlechtsspezifischer Gewalt konfrontiert. Anjuman thematisiert dies gemeinsam mit Zana (Pseudonym), einer Überlenden von mehrfachem sexuellem Missbrauch und Vergewaltigung. In einem dialogischen Austauschprozess ist eine visuelle Unterhaltung entstanden, die die Perspektiven und Erlebnisse beider Beteiligter miteinander verwebt. Dafür haben die beiden mit diversen Materialien und Techniken wie Fotografien, gefundenem Bildmaterial sowie mit Stickereien, Text und Zeichnungen, die nicht nur ein bestimmtes Verbrechen, sondern weitere soziopolitische Zusammenhänge, die hinter diesem stehen, hinterfragen.

Sumi Anjuman lebt derzeit in Dhaka, Bangladesch. Sie erwarb einen Master-Abschluss in "Fotografie und Gesellschaft" an der Königlichen Kunstakademie in Den Haag, Niederlande. Zuvor erwarb sie ein Diplom in "Fotografie" am Pathshala South Asian Media Institute in Dhaka, Bangladesch.Ihre Arbeiten wurden unter anderem beim Dhaka Art Summit, Bangladesch (2023), auf der Paris Photo (2022) und beim Noorderlicht International Photo Festival, Niederlande u.a. (2021) gezeigt. 2022 wurde sie als Laureat mit der Carte Blanche Students, Paris (2022) ausgezeichnet.

 

Kuratorinnen der Ausstellung: Julika Bosch, Hannah Niemeier

Kuratorische Assistenz: Dana M. A. Bulic

In Abwesenheit

Sammlungspräsentation Fotografie

03.03.2024 - 08.09.2024
Eröffnung: 3. März 2024, 14–18 Uhr

Tamibé Bourdanné, Olafur Eliasson, Jan Paul Evers, Jef Geys, Dominique Gonzalez-Foerster, Thomas Grünfeld, Germaine Kruip, Taiyo Onorato & Nico Krebs, Martin Parr, Émilie Pitoiset, Man Ray, Ugo Rondinone, Thomas Ruff, Thomas Struth, Stephen Shore, Martina Sauter, Tamary Kudita, u.a.

 

„A photograph is both a pseudo-presence and a token of absence. Like a wood fire in a room, photographs – especially those of people, of distant landscapes and faraway cities, of the vanished past – are incitements to reverie.“

– Susan Sontag, On Photography, 1977

 

Die Sammlung Philara freut sich, mit In Abwesenheit eine kuratierte Ausstellung zur Fotografie zu zeigen. Die präsentierten Arbeiten umfassen eine Zeitspanne von fast einem Jahrhundert: von den Anfängen der surrealistischen Fotografie in den 1920er-Jahren über die Schwarz-Weiß-Aufnahmen der 1960er und 1970er bis hin zu zeitgenössischen Iterationen der digitalen und analogen Fotografie. Die Werke vereint eine intensive Beschäftigung mit Fragen von Abwesenheit, Leerstellen und Mangel. Dabei greifen sie verschiedenste Fragestellungen sowohl zur physischen Beschaffenheit der Fotografie und ihren technischen Voraussetzungen als auch zu weiterreichenden Aspekten wie spekulativer Fiktion, Zugehörigkeit, Nostalgie und Verunklärung auf.

 

Einige der Arbeiten beschäftigen sich konkret mit der Abwesenheit der Kamera – mit der kameralosen Fotografie. So zum Beispiel Thomas Ruff, der in seiner Serie phg mit Hilfe digitaler Renderings Bildkompositionen erschafft, die Fotogrammen nachempfunden sind. Germaine Kruips Installation eines Spiegels und dessen Lichtreflexion evoziert über simple geometrische Formen und das Spiel aus Licht und Schatten intime Momente des kollektiven Schauens, die nicht einmal das Medium Fotografie bedienen. Dennoch weckt Untitled Circle mit seiner elliptischen Spiegelfläche Assoziationen mit den Ursprüngen fotografischer Apparaturen, beispielsweise dem Polieren von Spiegelflächen für die Daguerreotypie oder der Spiegelreflexion der Camera obscura.

 

Andere Werke entstehen gerade aus einem gezielt eingesetzten Mangel an Kontext in Bezug auf Identität und geschichtliche Verortung der abgebildeten Personen. Verewigen Fotografien auch einen Ausschnitt eines Moments, eines Ereignisses oder einer Person, existieren sie doch losgelöst vom Anker ihrer Realität und ihres Entstehungskontextes. Émilie Pitoiset beispielsweise verwandelt in ihrer mehrteiligen Installation Giselle, benannt nach dem gleichnamigen Ballett über eine Frau, die nach ihrem Selbstmord zu einem tanzenden Geist wird, gefundene Fotos unbekannter Personen aus den 1920er bis 1950er-Jahren in weitere Abbilder der tragischen Hauptfigur des Stücks. Dominique Gonzalez-Foerster versetzt sich in ihrer Collage Florence & Constantin (Jardin Brancusi) in die Position der Porträtfotografin Florence Meyer Homolka[1]und stellt eine Fotografie nach, die Constantin Brancusi 1932 von ihr in seinem Atelier aufnahm.

 

Wiederum andere befassen sich mit der Manipulation von Bildern und nutzen spielerisch ihre Veränderlichkeit. Die stetige Weiterentwicklung technischer und digitaler Möglichkeiten der Bildbearbeitung weicht das Konzept der originalgetreuen Abbildung, welches die Fotografie unterläuft, auf. Dadurch eröffnen sich neue Grenzräume fantastischer Spekulation, die mit Imaginationen, beispielsweise um Gender, gefüllt werden können. Ugo Rondinones Ausstellung I don’t live here anymore, aus der die gleichnamige Edition hervorgegangen ist, beschreibt eine Suche nach einem tieferen Verständnis für das eigene Selbst. In seiner Selbstinszenierung stellt Rondinone sich als zeitlos-androgynen Cyborg dar, dessen Handprothese beinahe nostalgisch von vergangenen Zeiten statt einer unbestimmten Zukunft zeugt. Tamary Kudita untersucht in ihrer Serie Sights Unseen III, inwiefern selektive Geschichtsschreibung die Lebensrealität Schwarzer Menschen in der Gegenwart formt. Sie nutzt Strategien der Aneignung und Re-kontextualisierung sowie der Subversion und Überlagerung von historisch weiß dominierter und zeitgenössischer Ästhetik, um die Vielschichtigkeit von Identität sichtbar zu machen und simplifizierende, kolonial geprägte Lesarten Schwarzer Kultur zu untergraben. So tragen ihre Modelle etwa viktorianisch anmutende Kleider, die aus afrikanischen Stoffen gefertigt wurden. Diese Geste ist nicht nur ein Symbol für die Vielfalt von Identitäten, sondern unterläuft auch den sozialen Stellenwert von Kleidung als Marker von Zugehörigkeit.

 

Kuratorinnen der Ausstellung: Julika Bosch, Hannah Niemeier

Kuratorische Assistenz: Dana M. A. Bulic

 

[1] Auch bekannt als Florence Meyer oder Florence Homolka

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