intercom

Thomas Grünfeld

02.09.2017 - 22.10.2017

Internationale Aufmerksamkeit erlangte Thomas Grünfeld mit Skulpturen von tierischen Mischwesen aus der Ende der 80er Jahre begonnenen Serie misfits. Nicht ganz so prominent sind seine Polsterobjekte. Nach der Retrospektive Homey in Museum Morsbroich, die 2014 in seiner Geburtsstadt Leverkusen zu sehen war, zeigt der Professor für Bildhauerei an der Kunstakademie Düsseldorf ab dem 1. September 2017 in der Sammlung Philara Polsterobjekte aus der Serie Fireplaces (2016) sowie, neben anderem,  die 12-teilige Dye-Transfer Serie Heimspiel (1999).

Der Titel der Ausstellung intercom bildet sich aus den lateinischen Wörtern inter— zwischen und communicare — kommunizieren. Im alltäglichen Gebrauch wird damit eine Sprechanlage bezeichnet, die menschliche Sprache in elektronische Signale überträgt. Die Kommunikation verläuft hierbei über ein meist mit Öffnungen versehenes metallenes Display, Iautsprechend. Der Empfänger der Nachricht bleibt dabei verborgen. In der Arbeit Margaret wird die Ästhetik eines intercom-Displays adaptiert und mit einem Porträt einer rauchenden Frau ergänzt. Verführerisch hat sie die Hand in die Hüften gestemmt und hält in ihrer Ellenbogenbeule ein Holzscheit. Titel und bildimmanente Schrift verweisen auf den Frauennamen Margaret. Margaret Laterman, die sogenannte Log Lady, ist eine soziophobe Kultfigur aus David Lynchs TV-Serie Twin Peaks, die ausschließlich durch ein Stück Holz kommuniziert. Das für sie sprechende Holzscheit fungiert als Medium der übermittelten Informationen und wird somit zu ihrem persönlichen intercom.

Entlang dieser Schwellen domestiziert Thomas Grünfeld das Unbehagen. Aufgeweichte Kaminimitate zwischen biederer, häuslicher Wiedererkennbarkeit und Künstlichkeit sowie zwischen Funktionalität und Dekor erzeugen komplementäre Empfindungen. Dabei greift er sowohl auf Anleihen aus dem privaten häuslichen Kontext als auch auf Ideen für Möbelobjekte Richard Artschwagers zurück. „So mischt Grünfeld seinen Arbeiten immer wieder Erinnerungen an den Muff der 60er-Jahre unter und liiert den Gelsenkirchener Barock mit den künstierischen Avantgarden der Gegenwart.“1 Grünfeld überführt die Natürlichkeit in die Travestie und schafft Irritationen im Gewohnten.

12 Dye-Transfer-Drucke (Heimspiel), die maßgeblich von der Ästhetik früherer Polaroids Carlo Mollinos beeinflusst sind, erwecken in ihrer Inszenierung den Anschein eines architektonisches intercoms. Das Boudoir, ein kleines Zimmer, zwischen Wohn- und Schlafgemach gelegen, bot Frauen einen Rückzugsort oder leitete räumlich bereits das Vorspiel ein. Es gilt als architektonischer Vermittler zwischen Refugium und privater, sinnlicher Einladung. Durch symbolische Zeichen im Raum, wie etwa auf- oder zugezogene Vorhänge, kann die Dame mit den Besuchern nonverbal kommunizieren. Das Boudoir markiert räumlich die Schwelle zwischen Privatheit und Öffentlichkeit sowie Natürlichkeit und Inszenierung.

 

1 Imdahl, Georg: Tierische Außenseiter. Die Skulpturen von Thomas Grünfeld in Leverkusen auf Deutschlandfunk 28.05.2013.