Ordne und finde mit
Group Show
27.06.2015 - 23.08.2015
Die Sammlung Philara verlässt Ende des Jahres ihre Räumlichkeiten in Reisholz und zieht nach Flingern in die Birkenstraße. Die diesjährige, letzte Sammlungspräsentation in den ehemaligen Leitz-Werken ist eine Hommage an das Gebäude und seine frühere Funktion. Dabei verweist der Titel auf den alten Firmenslogan Ordne und finde mit Leitz, der an der Außenwand der Westfassade steht.
1896 entwickelt Louis Leitz die „Registrier-Sammelmappe A“, einen Aktenordner, zu dem parallel ein Locher im 8 Zentimeter Lochabstand herausgebracht wurde. Seither ist dieses Produkt Synonym für Ordnung und Archivierung in Büroalltag und Privathaushalten.
Die in Ordne und finde mit gezeigten Arbeiten skizzieren visuell oder konzeptuell Strukturen von Ordnung und/oder weisen Gestaltungselemente aus dem Bürokontext auf. Sprachliche, urbane und architektonische Ordnungssysteme bilden das Raster unseres Alltags und finden sich im Banalen. Darüber hinaus treten durch die Analogie von Systemen Unvereinbarkeiten deutlicher hervor.
Mit der Übertragung von Formen in eigene Wahrnehmungssysteme befassen sich Fiona Banner und David Renggli. Fiona Banner verwendet Sprache, um Bilder aus Filmen, vom Kriegsfilm bis zum Porno, in ihre eigene linguistische Abfolge zu formatieren. Die dadurch entstandene pyramidale Form von Group steht kohärent zu deren Inhalt. David Renggli überträgt hingegen Posen antiker Skulpturen oder Fashionmodels in reduzierte Stahlkonturen. Mehrere Kreuzworträtselfelder werden bei Natalie Czech zu einem fotografischen Mosaik verwoben. Durch die Anordnung von schwarzen Kästchen zu Leerstellen entsteht ein ornamentales All-Over. Katja Strunzs Arbeit hingegen folgt einem entropischen Aufbau. Die schwarzen Stahlkisten widersetzen sich einer logischen Struktur und taumeln an der Wand entlang. Andrea Zittel konzipiert eine Situation ohne gängige Parameter und fragt, wie unser Leben ohne zeitliche Ordnung aussehen würde. In ihrer Serie A-Z: Time Tunnel entwirft sie die Utopie einer zeitlosen Kapsel. Welcher Struktur würde unser Lebensrhythmus folgen, wenn wir von einem zeitlichen System entbunden sind?
In Das Kunstwerk im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit beschreibt Walter Benjamin 1935 den Verlust der Aura von Kunst, sobald diese seriell reproduzierbar gemacht wird, und weist auf die damit einhergehenden Veränderungen von Kunst und ihrer Rezeption hin. Timm Ulrichs hat die Suhrkamp-Ausgabe des Essays 100 mal, bis zu der 100fachen Kopie der Kopie, kopiert, bis diese sich in abstrakte Fragmente auflöst. Ceal Floyer greift ebenfalls auf ein alltägliches Gebrauchsmaterial zurück. Aus 32 Filzstiftfarbpaletten ließ sie den grauen Stift auf Löschpapier auslaufen. Anstatt gleichförmiger grauer Kreise eröffnet sich eine Typologie von unterschiedlichen Farbspektren und Farbausläufen. In seinem Projekt Facades archiviert Georgi Stanchev den urbanen Raum Bulgariens der 70er, 80er und 90er Jahre. Diese Fassaden mit Werbe- und Propagandabotschaften werden durch Witterung abgetragen oder stellenweise durch neue Bauelemente überblendet. Dadurch entsteht ein Archiv unabsichtlicher Überlappungen, das zwischen Collage und Dokumentation changiert.
Katja Strunz
Stahl, Papier
Maße variabel
Courtesy die Künstlerin & Sammlung Philara
Foto: Marie Litwa
Andrea Zittel
verschiedene Materialien
Courtesy die Künstlerin & Sammlung Philara
Foto: Maria Litwa
Georgi Stanchev
C-Prints
Courtesy der Künstler & Sammlung Philara
Foto: Maria Litwa
Timm Ullrichs
Holzrahmen
schwarz-weiß Kopien
Courtesy der Künstler & Sammlung Philara
Foto: Maria Litwa