Shifting Entities

Leunora Salihu

31.08.2020 - 25.10.2020

Leunora Salihu entwickelt ihre skulpturalen Arbeiten anhand elementarer Themen der Bildhauerei, wie dem Verhältnis von Raum und Umraum, Bewegung in der statischen Form sowie Skulptur und Sockel. Dabei werden handwerklich seriell gefertigte Elemente zu modularen Systemen und skulpturalen Körpern verbunden.

 

Salihus Objekte sind Fortführungen von vertrauten Formen, deren Ausgangspunkte sowohl Proportionen des menschlichen Körpers, als auch architektonische Urtypen menschlicher Behausungen sein können. Sich an diesen archetypischen Modellen orientierend, greift sie auf ursprüngliche, erdbasierte Materialien wie Keramik oder Holz zurück. Die Erfahrung, die sie mit charakteristischen Eigenheiten eines Stoffes macht, werden auf das nächste Material übertragen. Auf dieses Wesensmerkmal ihrer künstlerischen Praxis möchte auch der Ausstellungstitel Shifting Entitiesverweisen – so kann die Beschäftigung mit Ton, einem weichen, viele Prozesse durchlaufendes Material zu einer Suche nach dem Weichen und Beweglichen im zunächst starr erscheinenden Holz führen. Darüber hinaus eröffnet der Begriff der Entität, die Frage nach der Behauptung in Relation zum Anderen. In diesem Zusammenhang stellt Salihu ihre Skulpturen in ein stetiges Spannungsverhältnis physikalischer Gegensätze wie Leichtigkeit und Schwere, Anziehung und Ausdehnung, die sie potenziert und austariert einander gegenüberstellt. Nichts bleibt isoliert, sondern steht immer in Beziehung zu einer anderen Kraft.

 

Ihre experimentelle Arbeitsweise schafft ein nuanciert verknüpftes Ensemble an Skulpturen eines vielschichtigen Vokabulars aus organischen und konstruktiven Formen, deren Entwicklungen sich aneinander ablesen lassen und sich fortwährend an den Parametern des Materials orientieren. Nie hermetisch, stehen ihre Raumkörper in einem dynamischen Beziehungsgeflecht von Ein- und Ausschließung, welches das Verhältnis von Objekten und Subjekten aufgreift.

 

Die Zeichnungen von Leunora Salihu kennzeichnen sich durch ein Interesse an biologischen und geologischen Prozessen sowie dem Verhältnis von Mensch und Architektur. Sie deuten Räume an, erinnern an Querschnitte kreatürlicher Körper oder seismographischer Eruptionen und entziehen sich gleichzeitig einer eindeutigen Zuordnung. Losgelöst von bildhauerischen Problemstellungen der Schwerkraft widmet sich die Künstlerin der Befragung tragender Strukturen und ihrer Prinzipien der Wiederholung. Dabei ist es möglich, dass Salihu beispielsweise die Konstruktion eines Pilzhutes sowohl auf seine additiven Anordnungen als auch mögliche Bewohnbarkeit untersucht oder anatomische Elemente, die wie Gliedmaßen von Insekten aussehen, mit zellulären Strukturen verbindet. Es entstehen hybride Körper, die einmal in Bewegung versetzt vermeintlich fixierte Grenzziehungen zu untergraben scheinen. 

 

Leunora Salihu arbeitet forschend, stets auf der Suche nach den Möglichkeiten von Form- und Materialentfaltung, die sie mit den realen und imaginären Räumen und ihren Gesetzmäßigkeiten in einen Dialog treten lässt.

 

Leunora Salihu wurde 1977 in Pristina, Kosovo geboren und lebt und arbeitet in Düsseldorf. Ihr Studium der Bildhauerei absolvierte sie an der Kunstakademie Düsseldorf. Zuletzt wurde Salihus Arbeit durch den Lothar-Fischer-Preis (2017) ausgezeichnet. Neben diversen Beteiligungen an internationalen Gruppenausstellungen, hatte sie Einzelausstellungen in Institutionen wie dem Museum Lothar Fischer (2018), der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, K21 (2017), The National Gallery of Kosovo (2017) sowie dem Lehmbruck Museum (2011/12). Nach Shifting Entities in der Sammlung Philara wird im Frühjahr 2021 eine Einzelausstellung von Leunora Salihu im Skulpturenpark Waldfrieden folgen.